Von Heidrun Scholten, Senior Director Strategie & Marketing
South by Southwest (SXSW) the place to be in March.
Das wohl bedeutendste und anziehendste Festival, wenn es um innovative Brand Houses, herausragende Fachausstellungen und Konferenzen in Bezug auf audiovisuelle und interaktive Medien geht. Mit dem Schwerpunkt auf aktuellen Trends und kulturellen Innovationen hat sich dieses Format zu einer weltweit führenden Veranstaltung für Unternehmer, Vordenker und Kreative entwickelt.
Ich hatte das große Glück, in diesem Jahr eine der mehr als 300.000 BesucherInnen zu sein. Vorab schon mal das folgende Resümee: Es war mit Abstand die Konferenz mit der größten Auswahl an hochwertigen Sessions, die ich je besucht habe. Inhalte auf höchstem Niveau, großartige Redner und mannigfaltige Möglichkeiten zum Networking. In diese Ballung an erlebbarer Exzellenz mischte sich jedoch ein Wermutstropfen: Es war unmöglich, dem großen Angebot an erstklassigen Sessions nachzukommen. Entweder eben aufgrund der Fülle an Programmpunkten, aber auch weil die Wartezeit oft Stunden beansprucht hat.
Mein fünftägiger Besuch der Veranstaltung konzentrierte sich hauptsächlich auf die folgenden Fragen:
- Warum ist genau die SXSW eine so erfolgreiche Veranstaltung?
- Wie präsentieren sich die Marken und wie stachen diese besonders heraus?
- Was sind die neuesten Trends und Innovationen?
Warum ist die SXSW eine so erfolgreiche Veranstaltung?
Ohne Zweifel gibt es viele Gründe dafür: Zum einen das gute Gespür des Veranstalters bei der Auswahl und Vielfalt der Themen sowie der Redner. Es wird den Teilnehmern leicht gemacht, viele unterschiedliche Inhalte zu konsumieren und über die unzähligen Networking-Events eine Vielzahl neuer Kontakte zu knüpfen – sei es professionell oder persönlich.
Zum anderen fügt die Stadt mit ihrem lebendigen und bunten Flair das Übrige dazu, was die SXSW zu einem einzigartigen Erlebnis macht. Ich würde behaupten, dass diese Veranstaltung inzwischen auf der Bucket List jedes kreativ schaffenden Menschen steht.
Die wichtigsten Erkenntnisse und Learnings für mich waren:
#1 Inhalt und gute Redner
Das Wichtigste sind nun mal immer noch gute Inhalte und Redner. Die SXSW hat es geschafft, die derzeit heiß diskutierten Innovationen wie Chat GPT, wirklich neue Trends – unter anderem die jährlichen Vorhersagen von Amy Webb – und eine Vielzahl von relevanten Themen mit Fachexperten zu besetzen.
Wenn es eine gute Auswahl an hochkarätigen RednerInnen und aktuellen Inhalten gibt, sind die Teilnehmenden bereit, auch weit zu einer Veranstaltung zu reisen, den hohen Preis für ein Ticket zu zahlen, der zwischen 1.000 – 1.500 $ liegt, und sich stundenlang anstellen, um den einstündigen Präsentationen zu lauschen und beizuwohnen. Man kann wohl sagen: Die schiere Teilnahme an diesem Event scheint viele Hürden zu rechtfertigen.
#2 Es geht um Menschen
TeilnehmerInnen mit unterschiedlichen Berufen, Interessen und Herkünften trafen nicht nur bei Sessions, Workshops oder Ausstellungen aufeinander. Das SXSW machte es zudem möglich, unter anderem bei Networking Events oder schlichtweg beim Warten auf die nächste Session, spannende Charaktere zu treffen und sich mit ihnen auszutauschen.
Die Zusammenführung kreativer und neugieriger Menschen fördert die Vernetzung und den Austausch neuer Ideen.
#3 Vielfältiges Rahmenprogramm
Die SXSW besticht mit einer enormen Auswahl an erstklassigen und innovativen Aktivitäten wie Brand Houses, Konzerten, Empfängen, bei denen die Teilnehmer zum einen Kontakte knüpfen, zum anderen durch den Austausch mit einem sehr diversen Publikum neue Einblicke erhalten.
Die Bereitstellung einer großen Vielfalt an interessanten und abwechslungsreichen Aktivitäten fördert das Networking.
#4 Thementage und Konzentration auf hot topics
Die Auswahl der Themen ist so divers wie ihr Publikum und vor allem eins, brandaktuell und neu. So gab es Thementage, Side Events, sowie Ausstellungen Themen wie XR, Metaverse, Klimawandel u.v.m.
TeilnehmerInnen schätzen eine breite Themenvielfalt und ein großes Angebot an Aktivitäten. Damit dies aber nicht unübersichtlich wird, ist es wichtig, spezifische Tracks zu definieren und die Konzentration auf bestimmte Themen zu legen, um den Teilnehmern die Orientierung zu erleichtern.
Wie präsentieren sich die Marken und wie stachen diese besonders heraus?
In diesem Jahr fanden sich deutlich weniger Marken aus dem Technologie-Sektor in Austin ein. Auch die Anzahl der Brand Houses lag deutlich unter der vom vorigen Jahr. Dennoch fanden sich hier einige Highlights:
1. Porsche: „Porsche X – Collaborations Unseen”
In diesem gelungenen Brand House fanden sich die Gäste in einer intimen Umgebung wieder, inspiriert von einigen der aufregendsten Kollaborationen des Porsche-Design Teams und seinen Partnern. Porsche stellte mit dieser Bespielung die Kraft von Kooperationen in den Mittelpunkt, da diese maßgeblich die zukünftige Positionierung der Marke mitgestalten und neue Perspektiven eröffnen. Der gesamte Markenauftritt basierte glaubwürdig und nachvollziehbar auf genau diesem Kooperationskonzept und wurde in verschiedenen Facetten, wie z.B. der Produktinszenierung, der Exponate und der Architektur umgesetzt.
2. Audible: „Das Audible Tonstudio”
Ein immersives Erlebnis, das die Premium-Music-Storytelling-Angebote des Unternehmens präsentiert hat. In diesem Studio gab es verschiedene Performances und Erlebnisse. Die TeilnehmerInnen hatten unter anderem die Möglichkeit, Live-DJs zu erleben, Selfies zu machen, sich Tattoos stechen zu lassen oder an verschiedenen Happy Hours teilzunehmen. Das absolute Highlight in diesem Brand House made by Audible: Der selbst komponierte Song, das eigens erdachte Gedicht oder die selbst geschriebene Geschichte konnten in einer ‘Words + Music’ – Kabine recorded werden, in der Experten die Aufnahmen anschließend direkt auf eine Vinylplatte schnitten.
3. Dolbys „Dolby-Haus”
Hier wurden acht Installationen gezeigt, die den Beitrag von Dolby in verschiedenen Branchen wie Musik, Film, Spiele, Sport und Podcasting präsentierten. Die Installationen ermöglichten es den BesucherInnen, Dolby Vision HDR, Immersive Audio und Dolby Atmos in einer Mercedes-Benz Maybach S-Klasse Limousine zu erleben. Der Blickfang, der sich perfekt in diese Stadt mit ihrer Straßenkunst-Kultur integrierte, war die Außenfassade dieses Hauses.
Was sind die neuesten Trends und Innovationen?
Die wichtigsten Trends, die ich während meines Aufenthaltes identifizieren konnte:
#1 Künstliche Intelligenz
Das meistdiskutierte Thema auf der SXSW schien die künstliche Intelligenz zu sein. Mit Chat GPT ist die KI der Zukunft nun tatsächlich da. Eine Vielzahl von Panels auf der SXSW konzentrierte sich daher auf das Thema Mensch und KI, die begleitenden potenziellen Gefahren und wie diese eingegrenzt werden können, um den wahren Nutzen der Technologie für den Menschen zu garantieren. Nicht alle sehen einer solchen technologischen Neuerung positiv entgegen. Dennoch wurde schnell klar, dass es hierbei nicht nur auf die Technologie selbst ankommt, sondern vielmehr darauf, wie wir diese als Menschen nutzen und mitgestalten.
#2 Das Internet, wie wir es kennen, gibt es nicht mehr – wir sehen es nur noch nicht
Jedes Jahr stellt die „Quantitative Futuristin” Amy Webb auf der SXSW ihren neuesten „Emerging Trends Report” vor. In diesem Jahr stellte sie eindrücklich heraus, dass das Internet, wie es uns bekannt ist, so nicht mehr existiert. Sie sagt voraus, dass KI in kürzester Zeit und naher Zukunft ein Teil unseres digitalen Alltags werden wird. Das größte Problem dabei: wir sind noch nicht darauf vorbereitet.
#3 Immersive Erlebnisse
Ein Trend, der auf der SXSW 2023 Creative Industry Expo zu beobachten war, war der Fokus auf immersive Erlebnisse. Der Schwerpunkt lag auf den neuen Formen des Storytellings, das mit Augmented und Virtual Reality fesselnde und interaktive Erlebnisse schafft.
Wir werden mehr immersive Erlebnisse in verschiedenen Branchen sehen, von Gaming bis hin zum Einzelhandel. Im letzteren Bereich könnte Augmented Reality unter anderem genutzt werden, um Kunden die Möglichkeit zu geben, Kleidung virtuell anzuprobieren. Im Gaming könnten durch die Integration von Elementen aus der realen Welt, wie z. B. ortsbezogene Technologie großer Mehrwert für UserInnen entstehen.
#4 Profits for Good
Eine starke Aussage: „Wir haben die Probleme der Welt geschaffen, und diese sind nicht lösbar, ohne dass Unternehmen Verantwortung übernehmen.” Unternehmen müssen ihre Arbeitsweise und ihr Geschäftsgebaren zunehmend auf Nachhaltigkeit ausrichten, da Shareholder-Value nicht mehr die oberste Priorität ist. Dies hat Patagonia CEO und nachhaltiger Vorreiter, Ryan Gellert, in seiner Keynote eindrücklich zum Ausdruck gebracht.
#5 Emotionale Roboter und Technologie
Eine der größten Höhepunkte der SXSW war die Disney-Präsentation, in der Erlebnis-Technologien vorgestellt wurden, die das Auftreten von Figuren in den Parks noch lebensechter machen können. So wurde beispielsweise ein Roboter gezeigt, der die Persönlichkeit einer Figur täuschend echt zum Vorschein bringt. Dieser hochmoderne Prototyp wurde von den kreativen Pionieren von Disney-Imagineering entwickelt und soll eine emotionale Verbindung zu den Menschen herstellen.
Disney hob zudem weitere Formen von Technologie hervor, die sie derzeit entwickeln und die in der Lage sein werden, eine emotionale Verbindung zu den Gästen im Disney Park herzustellen und aufrechtzuerhalten. Dazu gehört neben andern eine lebensgroße Tinker Bell, die auf Gespräche in Echtzeit reagieren kann.
Fazit: Die SXSW ist ein absoluter Vorreiter im Bereich Festivals und Konferenzen – angefangen bei den extrem guten Sprechern, dem Fokus auf aktuelle Themen und in Bezug auf Networking mit interessanten Personen aus der ganzen Welt. Dies nicht nur aus Sicht der Teilnehmer, sondern auch für Brands, um mit Storytelling und ungewöhnlichen Auftritten mit der Audience in Kontakt zu kommen.